Vernetztes Denken
Vernetztes oder auch komplexes Denken wird immer mehr zu einem der bedeutsamsten Managementkompetenzen. Die wirtschaftliche Situation, in der wir agieren, ist kaum noch mit einfachen Denkmustern zu analysieren und zu bewältigen. Nehmen wir als Beispiel die Geschwindigkeit der Entwicklung des Internetmarktes, die selbst Experten kaum vorhersagen können.
Hintergrund
Dörner (2006) konnte anhand vieler Fallbeispiele eindrucksvoll zeigen, dass selbst erfahrene Unternehmenslenker oftmals an komplexen Problemstellungen scheitern, weil sie die Vernetzung einzelner Problemkonstellationen und die Auswirkungen einer getroffenen Entscheidung auf andere Bereiche nur unzulässig überschauen. Wenn wir es mit Managemententscheidungen zu tun haben, haben wir es im Grunde immer mit Situationen zu tun, die komplex, vernetzt, intransparent und dynamisch sind.
Das Hauptproblem ist, dass wir evolutionstechnisch hierfür nur unzureichend ausgestattet sind. In unseren primären Denkstrukturen sind wir nicht in der Lage, zukunftsorientiert und wirklich vernetzt wahrzunehmen, zu verstehen, zu planen und zu entscheiden. Wir denken i.d.R. kurz, einfach, banal.
Die wirtschaftliche Unsicherheit verstärkt die Problematik, die wir als „Simplifizierungsfalle“ bezeichnen. In einer Welt, die als undurchschaubar und unkontrollierbar wahrgenommen wird, schreien wir förmlich nach einfachen Lösungen. Beispiele hierfür:
Wahlslogans sind i.d.R. an Einfachheit kaum zu überbieten, wenn sie ins Mark der Wählergemeinschaft treffen sollen. Die Struktur „Wähle XY – er/sie ist der Beste“ gilt als zielführender als das komplizierte Darstellen von Sachargumenten.
Die Werbekampagne von simyo, „weil einfach, einfach, einfach ist.“ kann fast als Synonym für das neue Denken gelten. Doch leider lassen sich komplexe Probleme nur durch Einlassen auf Komplexität und damit Unsicherheiten lösen.
Lösungsansätze
Glücklicherweise ist das menschliche Gehirn durchaus in der Lage, mit komplexen Problemstellungen hoch effizient umzugehen – es ist jedoch nicht seine Neigung. Insbesondere in Gruppen ist die Tendenz zur Vereinfachung besonders stark. Daher gilt es, stets den menschlichen Hang zur Einfachheit zu berücksichtigen bzw. bewusst gegen ihn zu arbeiten und das vorhandene Potenzial unseres Gehirns zu nutzen. Dabei empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen: Unsaubere Vereinfachungen erkennen, Simplifizierungen unterbinden, Komplexität zulassen, Umsetzbarkeit prüfen.
Einfach | Komplex |
---|---|
Denken und Argumentieren in „Ja,…aber!“ | Denken und Austauschen in „Ja,…und?“ |
Entweder oder | Sowohl als auch |
Schwarz/weiß | Bunt/Grauabstufungen |
Gibt es? | Warum? |
Schon immer so! | Was können wir lernen aus …? |
Das hat in der Situation XY auch geklappt! | Welche Anregungen können wir aus der ähnlichen Situation XY in unsere aktuelle Situation Z übertragen? |
Das war schon immer so! | Was hat sich bei genauer Betrachtung geändert? Was können wir daraus ziehen? |
Bereichsdenken | Schnittstellen beachten |
Kann ich mir nicht vorstellen! | „Rumspinnen“ |
Bewährte Kombinationen „Das passt nie zusammen!“ | Ungewöhnliche Kombinationen, z.B.: Erdbeeren mit Pfeffer, Schokolade mit Chili, Handy mit Kamera |
Schauen auf Ideen im eigenen Bereich | Inspirationen aus ganz anderen Kontexten, z.B. Fischhaut als Vorbild für Schwimmanzüge |
Fester Blickpunkt | Mobile Perspektive |
Fixes Objektiv: fester Bildausschnitt | Zoom: mal nah dran und weit weg |
Moderationshinweise:
- Viele Fragen stellen und viel (erstmal) in Frage stellen
- Querdenken zulassen und fördern
- Alle Aspekte einblenden
- Vorschnellen Aktionismus kanalisieren
- Entscheidungen treffen und die Auswirkungen controllen
- Das „WOZU?“ im Blick halten
- Das „WOHIN kann das führen?“ betrachten